2018 MTB TransLigurien - vokra.de

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2018 MTB TransLigurien

Auf Tour
Vom 29. September bis 6. Oktober 2018
Bergeweise kupiertes Gelände
Auf den Höhen der Ligurischen Alpen
von Lerici nach Finale Ligure
Eine teutopedalos - Tour
Zum Start der Tour in Lerici gruppiert sich die Truppe wild entschlossen um ihren Guide Herbert. Vor uns liegen 6 Fahrtage mit insgesamt 370 Kilometern bis Finale Ligure.

Allzu oft wird Herbert unterwegs nach den bevorstehenden Höhenmetern und dem Charakter der Strecke gefragt werden. Mit zunehmend mildem Lächeln nehmen wir zur Kenntnis, dass seine Angabe der Höhenmeter eher einen diplomatisch motivierenden Charakter hat. Zum Charakter des nächsten Trailabschnitts heißt es von Herbert jedoch immer: "Kupiertes Gelände". Jeder malt sich in seiner Fantasie aus, was damit genau gemeint sein kann. Der Tenor ist jedenfalls: schwierig, egal ob hoch oder runter...    
Die erste Etappe führt uns hoch in das Naturschutzgebiet "Cinque Terre". Der Name leitet sich von den fünf ehemaligen Fischerdörfern her, die sich in enge Buchten schmiegen und für Auswärtige nur per Schiff oder die Küsteneisenbahn zu erreichen sind. Oder eben mit dem Mountainbike! Unser Guide führt uns aus den Bergen nach Vernazza. Dieser Ort gilt als einer der schönsten an der italienischen Riviera.
An unseren zusammengestellten Bikes mitten auf der Hafenpiazza verharren staunend zahlreiche Touristen. Besondere Attraktion ist das grüne Rad von Thorsten mit Pinion-Schaltung und Riemenantrieb.
Das Erklimmen der steilen Flanken der ligurischen Berge zwingt uns mehr als einmal aus dem Sattel. Auf der Höhe erwartet uns ein gut ausgebautes und gerade bei Deutschen beliebtes Wanderwegenetz - die Radglocke kommt reichlich zum Einsatz.

Dunkelgrüner Steineichen- und Pinienwald prägt hier die mediterrane Küstenlandschaft. Die Wege sind oft durch Wurzelwerk verblockt.   
In der zweiten Nacht in Levanto geht ein infernalisches Gewitter runter. Gefühlte Stunden kracht und stürmt es, so dass wir am nächsten Morgen überrascht sind, dass es so wenig Schäden in den Straßen und am Strand erkennbar sind.
 
Den Aufbruch morgens behindert ein kräftiger Schauer, den wir unter einem Vordach abwettern. Den Rest des Tages bedroht uns fernes Donnergrollen, aber wir haben Glück und bleiben weitestgehend trocken.
Wie schon am Beginn der Tour von Herbert prophezeit, so geschieht es auch: Garstige Dornen drücken sich durch die Stollen und fast alle müssen während der Tour einen neuen Schlauch einziehen. Unser Guide lässt bei der Suche nach dem Verursacher besondere Sorgfalt walten.
Immer wieder gibt es reizvolle Ausblicke auf die Küste und das Meer, aber auch auf die entfernten Seealpen, deren Gipfel sich an einem der Tage schneebestäubt zeigen.
Genua ist auf jeden Fall eine Abfahrt aus den Bergen wert, allein schon wegen des spektakulären Downhills über ungezählte Serpentinen.
 
Über die Promenade cruisen wir in der Nachmittagssonne lässig zu unserer Unterkunft und genauso geht es am nächsten Morgen wieder aus der Stadt raus. Dabei passieren wir auch die Unglücksstelle der im August eingestürzten Autobahnbrücke.
Kupiert hin oder her, nach dem Aufstieg von Genua erleben wir eine neue Form von Gelände. Obwohl die Gipfel mit um die 1000 Meter deutlich unter der natürlichen Baumgrenze liegen, ist der Naturpark Beigua von weitläufigen Wiesen- und Buschflächen geprägt. Freie Sicht und spektakuläre Aussichten von den steil zum Meer abfallenden Bergen. Nicht auszudenken, wie das hier bei Nieselregen aussehen würde.
Die Sonne hat noch ordentlich Kraft, aber hier auf den Höhen, auf denen ja vorzugsweise der Trail verläuft, weht ein kühler Wind. Das Flap-Flap-Flap der zahlreichen Windräder begleitet uns über einige Kilometer und ist ein Beleg für das hier einträgliche Geschäft mit der Natur.  
 
Wer sich in den Pausen vor dem Wind schützen möchte, begibt sich am Besten in die Horizontale. Bevor es jedoch zu gemütlich wird, mahnt Herbert schon wieder zur Weiterfahrt.
Gegen Ende der Tour führt der von Herbert geplante Track immer öfter entlang des „Ligurischen Höhenwegs“ (Alta Via die Monti Liguri), ein hervorragend mit AV gekennzeichneter Fernwanderweg.
Das Zielfoto in Finale Ligure eignet sich nicht zu Veröffentlichung. Irgendwie wirken wir dort im Gegenlicht der untergehenden Sonne blass und abgekämpft. Wir hätten das Foto besser vor dem Ankunftsbier gemacht. Vielleicht waren wir auch einfach irritiert, hier unten auf Hochglanzbiker zu stoßen, die ihre Räder auf der gepflegten Promenade spazieren fahren. Ja, Finale Ligure ist wohl so etwas wie ein MTB-Dorado, vor allem für Deutsche, aber wieso haben wir keinen von denen tagsüber im Gelände gesehen?

Nehmen wir als Abschlussfoto also lieber eins, wo wir ein paar Stunden vorher noch strahlend vor einem grandiosen Panorama in baumlosen Höhen stehen. Glücklich darüber, die Tour ohne große Blessuren überstanden zu haben. Jeder hat an Fahrerfahrung gewonnen und an Gewicht verloren - es sei denn, man hat einen Kalorienzähler am Lenker gehabt und abends passend Pizza, Pasta und Dessert bestellt...

Aber was ist denn nun "kupiertes Gelände"? Wikipedia spendiert darüber sogar einen eigenen Artikel, aber der hilft auch nicht viel. Doch jeder hat eine Ahnung davon auf den letzten 10.000 Höhenmetern bekommen. Eine Ahnung von steilen Hohlwegen, von dichtem Wurzelwerk, von Pfaden, die nur aus ballgroßen Gletschersteinen bestehen und von kernigen Anstiegen, auf denen das Bike auf dem Rücken getragen werden muss. Eine Ahnung von ausgesetzten Wegen, die so wenig ausgesetzt sind, dass deren Verlauf am Hang kaum erkennbar ist und zu Saltos einlädt. Aber auch eine Ahnung von verstörend schönen Singletrails über Wiesen und durch Wälder.

Die Summe von all dem ist kupiertes Gelände und ich spüre die Lust, es immer wieder erleben zu wollen.
Kurzes Fazit:    
Zweimal Premiere für mich: Die Region Ligurien war mir gänzlich unbekannt. Noch vor einem Jahr hätte ich nicht mal sagen können wo diese in Italien liegt. Von daher höchste Zeit, diesen kontrastreichen Landstrich mal zu erfahren – und es hat sich gelohnt!
Zweite Premiere ist die Teilnahme an einer geführten Tour, zudem mit Gepäcktransfer.
Zugegeben, das ist in jeder Hinsicht komfortabel und grenzt fast schon an Urlaub. Aber mein Arbeitgeber erwartet ja auch, dass ich erholt zurückkomme. Nur, allzu oft schadet ein solches Wohlleben bestimmt der geistigen Autonomie.   
Und ein weiteres Mal mit Herbert von X-Outdoor? Gerne, wenn er mich wieder vorneweg fahren lässt… 😉
Weiterführende Links:

Veröffentlichung aller Fotos mit freundlicher Genehmigung der Teilnehmer.
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